Bayern
Die Steinerne Brücke: Weltwunder des Mittelalters
Januar 18, 2017
Die Steinerne Brücke in Regensburg gilt nicht umsonst als ein mittelalterliches Weltwunder. In nur elf Jahren erbauen die Regensburger zwischen 1135 und 1146 die 336 Meter lange Steinbrücke mit ihren 16 Bögen. Als König Ludwig VII. von Frankreich 1147 über Regensburg den zweiten Kreuzzug ins Heilige Land führt, staunen die Kreuzfahrer nicht schlecht über das Meisterwerk aus Stein.
Für Jahrhunderte bleibt die Steinerne Brücke die einzige Möglichkeit, um in Regensburg die Donau trockenen Fußes und ohne Schiff zu überqueren. Im Mittelalter gibt es zwischen Ulm und Wien außer der Steinernen Brücke sogar keinen anderen Donauübergang. Noch heute kann man die Donau über die Steinerne Brücke zu Fuß überqueren – die Brücke ist damit das „größte Ingenieurbauwerk aus dem Mittelalter, das bis heute ununterbrochen in Funktion und Betrieb ist“ (Wilhelm Volkert).
Denn Regensburg war zu Beginn des 12. Jahrhunderts eine wichtige Handelsmetropole geworden. Die alte Römerstadt lag dafür ideal: Auf der Donau gelangte man stromabwärts bis ans Schwarze Meer und nach Konstantinopel, auf dem Regen konnten Waren nach Böhmen transportiert werden und über die Naab bestand eine Verbindung in die Oberpfalz und zu den großen Städten am Rhein wie Mainz und Köln.
Zwischen 1000 und 1300 erlebte ganz Mitteleuropa einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, von dem auch Regensburg profitiert. Die Bevölkerung wuchs rapide an – und mit ihr auch der Bedarf an Lebensmitteln, Salz und anderen Waren des täglichen Bedarfs.
Neben den Flüssen wurden auch die Handelsstraßen nun immer voller. In Regensburg trafen dabei wichtige Handelsrouten aufeinander: Im Süden gelangte man über das alte römische Straßennetz bis nach Italien in das Handelszentrum Venedig. Im Osten entstanden neue Straßen nach Prag, Magdeburg und weiter. Die Steinerne Brücke sollte zur Drehscheibe eines Handelsnetzes werden, das Kiew, Konstantinopel, Venedig, Prag und Flandern verband.
Besonders raffiniert: Statt die Brücke in einer geraden Linie zu errichten, passten die Bauherren die Ausrichtung der Pfeiler den natürlichen Gegebenheiten an. Dank der geschickten Berücksichtigung der Strömungen und des Untergrundes erhielt die Brücke so zusätzliche Stabilität.
Die Errichtung der Pfeiler war eine enorme technische Herausforderung. Die Bauleute errichteten dafür im Flussbett sogenannte Fangdämme bzw. Kofferdämme, um im Trockenen ein Fundament aus Mörtel und Stein zu errichten. Während die Außenseite der Pfeiler aus Sandstein und Kalkstein besteht, füllten die mittelalterlichen Baumeister das Innere mit Bauschutt auf.
Diese Mühen haben sich ausgezahlt: Bisher hat die Steinerne Brücke noch jedes Hochwasser überstanden, darunter das verheerende Magdalenen-Hochwasser vom Juli 1342, das als wohl schlimmste Hochwasser der letzten 1000 Jahre in Mitteleuropa gilt.
Erst 1146 waren die Bauarbeiten abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt war die Steinerne Brücke der einzige Donauübergang zwischen Ulm und Wien. Ihre große Bedeutung im europäischen Fernstraßennetz zeigt sich schon kurz darauf: Die Heere des 2. und 3. Kreuzzugs überqueren in den Jahren 1147 und 1189 jeweils bei Regensburg die Donau.
Vor allem Bauarbeiter vom Comer See, die sogenannten Magistri Comacini, waren in ganz Europa unterwegs, um architektonische Meisterwerke aus Stein zu errichten. Diese langobardischen Bauleute zogen als Wanderbauarbeiter von Baustelle zu Baustelle. Unter anderem lassen sie sich bei den Dombaustellen in Freising, Mainz, Speyer und Quedlinburg nachweisen.
Von der Anwesenheit der Magistri Comacini in Regensburg auf der Baustelle der Steinernen Brücke wissen wir durch Regensburger Gerichtsdokumente. Denn weil sich die Regensburger Geistlichen und die Baumeister aus Como um Lohnzahlungen stritten, musste ein Richter eingreifen - und hielt sein Urteil schriftlich fest.
Neben der eigentlichen Brücke wurden mit der Zeit auch mehrere Zusatzbauwerke errichtet, unter anderem zahlreiche Mühlen, Auffahrtsrampen, drei Türme und drei Zollhäuschen. Für den Schiffsverkehr errichtete man seitliche Kanäle.
Nach ihrer Fertigstellung, wurde die Steinerne Brücke von einem Brückenmeister und einem Pfleger gemeinsam verwaltet. Das waren wohl Kleriker oder Bürger. Als Regensburg dann freie Reichsstadt wurde, hatten die Bürger das alleinige Sagen über die Brücke.
Gleichzeitig konnte man durch eine Spende für den Brückenbau aber auch das eigene Gewissen erleichtern. Denn die Kirche stellte im 12. Jahrhundert jedem einen Ablassbrief aus, der für den Bau von Brücken (oder auch Kirchen und Spitälern) etwas spendete.
Natürlich hatte der Brückenbaumeister nach Fertigstellung der Brücke ein Ass im Ärmel: Er schickte nacheinander einen Hahn, eine Henne und einen Hund über die Brücke. Der Zorn des Teufels über seinen Lohn sei der Grund für den Buckel der Brücke.
Am Scheitelpunkt stellten die Regensburger zum Schutz der Brücke deshalb Steinfiguren des gekreuzigten Christi, der Jungfrau Maria und von Johannes dem Täufer auf. So war und ist die Brücke bestens geschützt - auch in Zukunft.
Für Jahrhunderte bleibt die Steinerne Brücke die einzige Möglichkeit, um in Regensburg die Donau trockenen Fußes und ohne Schiff zu überqueren. Im Mittelalter gibt es zwischen Ulm und Wien außer der Steinernen Brücke sogar keinen anderen Donauübergang. Noch heute kann man die Donau über die Steinerne Brücke zu Fuß überqueren – die Brücke ist damit das „größte Ingenieurbauwerk aus dem Mittelalter, das bis heute ununterbrochen in Funktion und Betrieb ist“ (Wilhelm Volkert).
Die Steinerne Brücke ist auf dieser Stadtansicht von Regensburg aus der Schedel'schen Weltchronik gut zu erkennen (Abbildung: Bayerische Staatsbibliothek) |
Der Flussübergang bei Regensburg: Nadelöhr für den Handel
Dort, wo heute die Steinerne Brücke steht, gab es wohl schon in der Römerzeit eine Furt und später eine einfache Holzbrücke, um die Donau zu überqueren. Brücken aus Holz waren jedoch anfällig, ein Hochwasser konnte sie schnell zum Einsturz bringen. Auch Fähren waren im Einsatz, doch war ihre Benutzung mühsam und zeitraubend. Eine stabile und dauerhafte Lösung musste her!Denn Regensburg war zu Beginn des 12. Jahrhunderts eine wichtige Handelsmetropole geworden. Die alte Römerstadt lag dafür ideal: Auf der Donau gelangte man stromabwärts bis ans Schwarze Meer und nach Konstantinopel, auf dem Regen konnten Waren nach Böhmen transportiert werden und über die Naab bestand eine Verbindung in die Oberpfalz und zu den großen Städten am Rhein wie Mainz und Köln.
Zwischen 1000 und 1300 erlebte ganz Mitteleuropa einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, von dem auch Regensburg profitiert. Die Bevölkerung wuchs rapide an – und mit ihr auch der Bedarf an Lebensmitteln, Salz und anderen Waren des täglichen Bedarfs.
Neben den Flüssen wurden auch die Handelsstraßen nun immer voller. In Regensburg trafen dabei wichtige Handelsrouten aufeinander: Im Süden gelangte man über das alte römische Straßennetz bis nach Italien in das Handelszentrum Venedig. Im Osten entstanden neue Straßen nach Prag, Magdeburg und weiter. Die Steinerne Brücke sollte zur Drehscheibe eines Handelsnetzes werden, das Kiew, Konstantinopel, Venedig, Prag und Flandern verband.
Der Bau der Steinernen Brücke: Mittelalterliche Ingenieurskunst
Der Sommer 1135 war außerordentlich trocken – ideal also, um mit den Bauarbeiten an der neuen Brücke zu beginnen. Wir wissen leider nicht, wer der leitende Baumeister war, doch er musste ein Meister seines Faches gewesen sein. Er ließ insgesamt 16 Segmentbögen errichten, die die Donau auf einer Länge von über 330 Metern überspannen.Besonders raffiniert: Statt die Brücke in einer geraden Linie zu errichten, passten die Bauherren die Ausrichtung der Pfeiler den natürlichen Gegebenheiten an. Dank der geschickten Berücksichtigung der Strömungen und des Untergrundes erhielt die Brücke so zusätzliche Stabilität.
Die Errichtung der Pfeiler war eine enorme technische Herausforderung. Die Bauleute errichteten dafür im Flussbett sogenannte Fangdämme bzw. Kofferdämme, um im Trockenen ein Fundament aus Mörtel und Stein zu errichten. Während die Außenseite der Pfeiler aus Sandstein und Kalkstein besteht, füllten die mittelalterlichen Baumeister das Innere mit Bauschutt auf.
Die Steinerne Brücke: Seit Jahrhunderten ein Bollwerk
Die Donau konnte (und kann) bei Hochwasser ein reißender Strom werden, dessen gigantische Wassermassen alles mitreißen. Um die Brücke stabiler zu machen, legten die Regensburger um jeden Pfeiler eine künstliche Insel an, die spitz zuläuft. Findlinge auf den Inseln dienen als zusätzlicher Schutz.Diese Mühen haben sich ausgezahlt: Bisher hat die Steinerne Brücke noch jedes Hochwasser überstanden, darunter das verheerende Magdalenen-Hochwasser vom Juli 1342, das als wohl schlimmste Hochwasser der letzten 1000 Jahre in Mitteleuropa gilt.
Erst 1146 waren die Bauarbeiten abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt war die Steinerne Brücke der einzige Donauübergang zwischen Ulm und Wien. Ihre große Bedeutung im europäischen Fernstraßennetz zeigt sich schon kurz darauf: Die Heere des 2. und 3. Kreuzzugs überqueren in den Jahren 1147 und 1189 jeweils bei Regensburg die Donau.
Drei Türme zierten Ende des 17. Jahrhunderts die Steinerne Brücke. (Abbildung: Bayerische Staatsbibliothek) |
Experten aus Italien: Die Magistri Comacini
Das Fachwissen für Steinbearbeitung und Brückenbau kam wohl aus Italien, aber auch aus dem arabisch-byzantinischen Raum nach Regensburg. Auf der Brücken-Baustelle wurden nämlich italienische Fachleute für Pfeilergründung, Steinbearbeitung, Logistik und Wölbungstechnik beschäftigt.Vor allem Bauarbeiter vom Comer See, die sogenannten Magistri Comacini, waren in ganz Europa unterwegs, um architektonische Meisterwerke aus Stein zu errichten. Diese langobardischen Bauleute zogen als Wanderbauarbeiter von Baustelle zu Baustelle. Unter anderem lassen sie sich bei den Dombaustellen in Freising, Mainz, Speyer und Quedlinburg nachweisen.
Von der Anwesenheit der Magistri Comacini in Regensburg auf der Baustelle der Steinernen Brücke wissen wir durch Regensburger Gerichtsdokumente. Denn weil sich die Regensburger Geistlichen und die Baumeister aus Como um Lohnzahlungen stritten, musste ein Richter eingreifen - und hielt sein Urteil schriftlich fest.
Neben der eigentlichen Brücke wurden mit der Zeit auch mehrere Zusatzbauwerke errichtet, unter anderem zahlreiche Mühlen, Auffahrtsrampen, drei Türme und drei Zollhäuschen. Für den Schiffsverkehr errichtete man seitliche Kanäle.
Nach ihrer Fertigstellung, wurde die Steinerne Brücke von einem Brückenmeister und einem Pfleger gemeinsam verwaltet. Das waren wohl Kleriker oder Bürger. Als Regensburg dann freie Reichsstadt wurde, hatten die Bürger das alleinige Sagen über die Brücke.
Die Steinerne Brücke strahlt im nächtlichen Regensburg. |
Die Finanzierung der Steinernen Brücke
Doch woher kam das Geld für dieses Mammutprojekt? Ein Teil der Finanzierung kam wohl aus Abgaben und Steuern, die man von den Anwohnern verlangte. Doch auch durch Spenden kam viel Geld zusammen. Denn natürlich hatten viele Regensburger Kaufleute ein Interesse an einer guten Verkehrsinfrastruktur.Gleichzeitig konnte man durch eine Spende für den Brückenbau aber auch das eigene Gewissen erleichtern. Denn die Kirche stellte im 12. Jahrhundert jedem einen Ablassbrief aus, der für den Bau von Brücken (oder auch Kirchen und Spitälern) etwas spendete.
Die Bedeutung der Religion für den Brückenbau
Überhaupt spielte die Religion im Mittelalter beim Brückenbau eine wichtige Rolle. Eine bekannte Sage über die Steinerne Brücke besagt zum Beispiel, dass der Brückenbaumeister einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe, um die Brücke vor dem Dom fertigzustellen. Im Gegenzug sollte der Teufel die ersten drei Seelen bekommen, die über die Brücke gehen würden.Natürlich hatte der Brückenbaumeister nach Fertigstellung der Brücke ein Ass im Ärmel: Er schickte nacheinander einen Hahn, eine Henne und einen Hund über die Brücke. Der Zorn des Teufels über seinen Lohn sei der Grund für den Buckel der Brücke.
Am Scheitelpunkt stellten die Regensburger zum Schutz der Brücke deshalb Steinfiguren des gekreuzigten Christi, der Jungfrau Maria und von Johannes dem Täufer auf. So war und ist die Brücke bestens geschützt - auch in Zukunft.
Literatur zur Steinernen Brücke
Volkert, Wilhelm: Steinerne Brücke. In: Schmid, Peter (Hg.): Geschichte der Stadt Regensburg. Bd. 2, Regensburg 2000, S. 1099-1105.
Dirmeier, Artur: Die Steinerne Brücke in Regensburg. In: Feistner, Edith (Hg.): Das mittelalterliche Regensburg im Zentrum Europas. Regensburg 2006, S. 25-41 (=Forum Mittelalter Studien, Bd. 1).
1 Kommentare
Sehr schöner Beitrag. Du gibst dir hier wirklich eine Menge Mühe mit deinem Blog. Respekt dafür! :-)
AntwortenLöschen"Das Brückenbauer ein Pakt mit dem Bösen eingegangen ist, um die Brücke doch noch fertigzustellen" Wäre das damals nicht ein Grund für eine Hinrichtung/Scheiterhaufen oder etwas ähnlichem gewesen?
Beste Grüße,
Silvio