Die Schlacht von Hastings (1066)

Das Jahr 1066 ist für die englische Geschichte von enormer Bedeutung. Die Normannische Eroberung und die Schlacht von Hastings...

Das Jahr 1066 ist für die englische Geschichte von enormer Bedeutung. Die Normannische Eroberung und die Schlacht von Hastings zählen zu den Ereignissen aus dem Mittelalter, die praktisch jeder kennt. Wilhelm der Eroberer, der Herzog der Normandie, und seine normannischen Krieger haben nicht nur das Schicksal Englands in komplett neue Bahnen gelenkt - seit der Schlacht von Hastings am 14. Oktober 1066 ist auch keiner fremden Armee mehr eine erfolgreiche Invasion in England gelungen.

Die Wurzeln der normannischen Eroberer in der Normandie

Dabei sind die Normannen im Jahr 1066 keinesfalls eine etablierte Macht in Europa: Erst im Jahr 911 erhalten skandinavische Wikinger vom fränkischen König Karl dem Einfältigen die Normandie zum Lehen. Doch unter der Herrschaft der Normannen blüht die Normandie rasant auf. Der wirtschaftliche und religiöse Aufschwung bildet die Grundlage für den Erfolg der Normannischen Eroberung 1066. Doch wieso erobern die Normannen ausgerechnet England? Und wer ist beim Battle of Hastings 1066 eigentlich der Gegner von Wilhelm dem Eroberer? Wir werfen heute einen Blick auf England am Vorabend der Schlacht von Hastings sowie auf die Folgen der Normannischen Eroberung.

14. Oktober 1066: Die Schlacht von Hastings entscheidet das Schicksal Englands. Der Teppich von Bayeux ist eine der der beeindruckendsten Quellen dazu.

Die Zeit der Wikinger in England

Die Normannen unter Wilhelm dem Eroberer sind 1066 nicht die ersten Wikinger, die mit kriegerischen Absichten in England an Land gehen. Bereits im Jahr 789 landen zum ersten Mal drei Wikingerschiffe an der südenglischen Küste. Der erste Kontakt verläuft wenig erfreulich: Die Wikinger erschlagen das Begrüßungskommando der Angelsachsen, die damals England bewohnen und beherrschen. Mit dem Überfall auf das reiche Kloster Lindisfarne im Jahr 793 beginnt dann endgültig die Wikingerzeit in England. Zunächst unternehmen die Wikinger nur zeitlich begrenzte Plünderungszüge und überfallen reiche Städte, Klöster und Kirchen. Doch bereits am Ende des 9. Jahrhunderts erobert ein dänisches Wikingerheer komplett Nord- und Mittelengland. Die Stadt York wird unter dem Namen Jorvik zur Hauptstadt des Herrschaftsbereichs der Wikinger in England. Die Insel ist in dieser Zeit zersplittert in verschiedene angelsächsische Teilkönigreiche.

England am Vorabend der Normannischen Eroberung

Die Angelsachsen können zwischen 871 und 899 unter König Alfred dem Großen (Bekannt aus der Serie "The Last Kingdom") die Wikinger zwar erfolgreich zurückschlagen, doch das bleibt ein kurzfristiger Triumph. Im Jahr 1016 kann sich schließlich Knut der Großen, ein dänischer Prinz, sogar als Alleinherrscher über ganz England durchsetzen. Erst nachdem der dänische König Hardeknut im Jahr 1042 stirbt, besteigt mit König Eduard dem Bekenner wieder ein Herrscher aus der alten angelsächsischen Königsfamilie den englischen Thron. König Eduard der Bekenner ist vor allem auf Grund seiner Kirchenpolitik bekannt. So geht zum Beispiel die Gründung von Westminster Abbey auf seine Initiative zurück. König Eduard der Bekenner stirbt am 5. Januar 1066 kinderlos. Bereits einen Tag später wird der Earl Godwin von Wessex in Westminster Abbey zum neuen englischen König gekrönt. Doch Earl Godwin von Wessex ist nicht unumstritten. Godwin sieht sich drei Kontrahenten gegenüber, die jeder ebenfalls nur zu gerne König von England wären.

Januar 1066: Der Witenagemot, die Versammlung der mächtigen Fürsten Englands, wählt Harold Godwinson zum König.

Game of Thrones im 11. Jahrhundert: Kampf um die englische Krone

Zu Beginn des Jahres 1066 gibt es insgesamt also vier Personen, die einen Anspruch auf den englischen Thron erheben:

Edgar Ætheling:

Edgar ist der Urenkel von König Æthelred the Unready (König 978-1016) und der Enkel von König Edmund Ironside (gest. 1016). Sein Vater, Eduard Ætheling (bzw. Edward the Exile) ist zwar vor Knut dem Großen nach Ungarn geflohen, doch im Jahr 1057 holt ihn der neue König Eduard der Bekenner zurück nach England und macht ihn offiziell zu seinem Erben und Nachfolger. Eduard Ætheling stirbt jedoch kurz darauf. Für Edgar Ætheling sind seine königlichen Vorfahren und sein Erbrecht Grund genug, selbst die englische Krone zu verlangen. Allerdings lebt Edgar Ætheling im Jahr 1066 im fernen Ungarn, ist gerade einmal 15 Jahre alt und hat weder Heer noch Flotte, um seine Ansprüche gegen Harold Godwinson durchzusetzen. Das sind ziemlich schlechte Voraussetzungen, um ein Königreich zu erobern und so kann Edgar Ætheling trotz seiner erbrechtlichen Ansprüche keine entscheidende Rolle beim Kampf um die Krone spielen.

Auch Edgar Ætheling macht sich 1066 Hoffnungen auf den Thron
(Abbildung: British Library)

Harold Godwinson

Harold Godwinson ist der Graf von Wessex und der mächtigste Fürst in England. Unter König Eduard dem Bekenner wird er zur wichtigsten Figur am königlichen Hof. Ohne die Zustimmung von Harold Godwinson läuft im englischen Königreich zu dieser Zeit nichts. Auch deshalb wählen die anderen mächtigen Adeligen Englands Harold nach dem Tod Eduards zum neuen Köng. Doch weil Harold keine königliche Abstammung vorweisen kann und auch keine königlichen Verwandten hat, ist seine Herrschaft stark bedroht. Vielleicht streut Harold deshalb selbst das Gerücht, König Eduard habe ihn auf dem Sterbebett zu seinem Nachfolger als König bestimmt.

König Harald III. Hardrada von Norwegen

Harald III. ist seit 1064 König von Norwegen und ein Verwandter von König Knut dem Großen. Harald III. Hardrada kann zwar keinen erbrechtlichen Anspruch vorweisen, doch dafür besitzt er die nötige militärische Stärke, um sich zur Not die englische Krone auch mit Gewalt zu holen. Er wäre schließlich nicht der erste Wikinger.

König Harald III. Hardrada von Norwegen landet im September 1066 mit seinem Heer in England, um den Thron zu erkämpfen. Harald ist an seiner imposanten Streitaxt zu erkennen.

Herzog Wilhelm I. von der Normandie

Für Herzog Wilhelm I. von der Normandie sprechen gleich mehrere Argumente. So ist auch Wilhelm der Eroberer mit Eduard dem Bekenner verwandt und wurde von diesem bereits 1051 zum Nachfolger bestimmt. Damals hatte Eduard in der Normandie Zuflucht gefunden und so seine Dankbarkeit gegenüber Herzog Wilhelm gezeigt. Zudem hatte Harold Godwinson im Jahr 1064 Wilhelm einen Treue-Eid geschworen. Auch der Papst ist ein Unterstützer von Wilhelms Ansprüchen auf den englischen Thron. Nur zu gerne würde Papst Alexander II. nämlich auch in England die kirchenreformerischen Erfolge der Normandie verwirklicht sehen. Weil auch Wilhelm auf ein großes militärisches Potential zurückgreifen kann, ist er ebenfalls zur gewaltsamen Durchsetzung seiner Ansprüche entschlossen.

Wilhelm der Eroberer hat die besten Karten im Kampf um den Thron - vor allem sein mächtiges Heer wird zum Trumpf.

England: Ein schwaches Königreich

Insgesamt leidet das altenglische Königtum an einigen sehr gravierenden Schwächen. Die vorausgegangenen Eroberungen durch Sven Gabelbart und Knut den Großen haben die angelsächsische Herrschaft geschwächt, durch die dänische Herrschaft im Norden ist die Insel gespalten und der übermächtige Earl Harold Godwinson gefährdet das Gleichgewicht des Königreichs. Dazu kommt eine veraltete Organisation des Reiches, die sich besonders im Bereich des Heeres in der Schlacht von Hastings rächen wird.

Von der Invasion der Normannen zur Schlacht von Hastings 1066

König Harald Hardrada macht im Kampf um die Krone den ersten Zug. Er landet im September 1066 mit einer Flotte von 300 Schiffen in Nordengland. In der Schlacht bei Stamford Bridge stellt sich König Harold dem dänischen Heer am 25. September 1066 entgegen. König Harold besiegt die Wikinger, deren Anführer Harald Hardrada in der Schlacht sein Leben verliert.
Damit hat König Harold den ersten Angriff auf seinen Thron zwar erfolgreich abgewehrt, doch der Sieg hat einen hohen Preis: Denn bereits am 27. September 1066 landet Herzog Wilhelm von der Normandie mit 3000 Schiffen (so zeitgenössische Quellen) an der englischen Südküste bei Pevensey. Im Eiltempo reitet König Harold mit seinem Heer sofort den normannischen Invasoren entgegen. In London schließen sich zwar weitere angelsächsische Krieger ihrem König an, doch Harolds Armee ist durch die kürzliche Schlacht und den anschließenden Gewaltmarsch natürlich stark geschwächt. Währenddessen zieht Wilhelms Heer plündernd durch den Süden Englands. Am Morgen des 14. Oktober 1066 stehen sich schließlich König Harold und Herzog Wilhelm von der Normandie in der Schlacht von Hastings gegenüber, um die militärische Entscheidung im Streit um die englische Krone zu suchen.

Battle of Hastings 1066: Wilhelm der Eroberer siegt

Die Schlacht von Hastings ist ein schreckliches Gemetzel, das den ganzen Tag dauert. Über 10.000 Krieger stehen sich am 14. Oktober 1066 gegenüber. Die Normannen können sich in der Schlacht von Hastings besonders auf zwei Heeresgruppen verlassen: Die hervorragend ausgebildeten und treffsicheren normannischen Bogenschützen nehmen das angelsächsische Heer schon aus der Ferne unter Dauerbeschuss. Und die schweren gepanzerten normannischen Ritter reiten in immer neuen Sturmangriffen die gegnerischen Fußsoldaten einfach in Grund und Boden.


Im Verlauf der Schlacht erlangen die Normannen immer mehr die Oberhand. Als König Harold von einem normannischen Pfeil tödlich verwundet wurde und noch auf dem Schlachtfeld stirbt, zerfällt das angelsächsische Heer.

Pfeil im Kopf statt Krone auf dem Haupt: Harold Godwinson stirbt in der Schlacht von Hastings 1066

Der Leichnam Harolds wird am nächsten Tag auf dem Schlachtfeld gefunden. Er ist so schlimm zugerichtet, dass Ealdgyth von Mercia, die Ehefrau Harolds, ihn nur an einem Muttermal erkennt. Wilhelm der Eroberer geht als Sieger aus der Schlacht von Hastings hervor und rückt auf London vor, wo er am 25. Dezember 1066 in Westminster durch den Erzbischof von York zum neuen König von England gekrönt wird.

Die Battle Abbey und das dazugehörige Kloster stehen wahrscheinlich genau an dem Ort, an dem König Harold starb.

Welche Folgen hatte die Schlacht von Hastings für England?

Für den Historiker John Horace Round beginnt erst mit der Normannischen Eroberung und der Schlacht von Hastings die eigentliche Geschichte Englands. Und tatsächlich bringt die Herrschaft Wilhelms des Eroberers einige große Veränderungen für England mit sich:
  • England orientiert sich neu: Durch den dominierenden Einfluss der Dänen war die englische Insel bisher stark in Richtung Skandinavien orientiert. Doch unter Wilhelm, der als englischer König auch noch Herzog der Normandie bleibt, wendet England sein Gesicht dem Kontinent zu. Auch zur römischen Kirche und damit zum romanischen Europa intensivieren sich jetzt die Kontakte.
  • Verbindung zwischen England und Frankreich: Die wechselvolle Beziehung zwischen den Königreichen England und Frankreich wird die westeuropäische Geschichte für die nächsten Jahrhunderte prägen. Der englische König Heinrich II. Plantagenet wird im 12. Jahrhundert in Form des angevinischen Reiches über große Teile Frankreichs und ganz England herrschen und der Hundertjährige Krieg wird das 14. und 15 Jahrhundert dominieren.
  • Umgestaltung Englands: Unter den normannischen Königen wird die Macht des Herrschers deutlich gestärkt. In Zukunft wird kein Earl mehr eine solch beherrschende Stellung mehr einnehmen wie Harald Godwinson. Das Recht wird vereinheitlicht, das Militär neu organisiert, die Verwaltung erhält mit der Kanzlei, dem Schatzmeister und dem Exchequer eine neue Struktur und die Reform der Kirche lässt das geistliche Leben erblühen wie zuvor in der Normandie. Und auch die englische Sprache wird durch die neue normannische Oberschicht stark geprägt.
  • Das Aussehen Englands verändert sich: Die Normannen sichern ihre Herrschaft vor allem durch den Bau neuer Burgen ab. Zu den bekanntesten Burgen aus dieser Zeit zählen zum Beispiel Rochester Castle und Totnes Castle. Auch das Kloster Lindisfarne wird im normannischen Baustil neu errichtet. Damit schließt sich der Kreis: Das Kloster war 793 das erste Opfer der heidnischen Wikinger, deren christliche Nachfahren schließlich ab 1066 über gesamt England herrschen und das religiöse Leben neu aufblühen lassen.

Der Burgturm (Keep) von Rochester Castle ist ein beeindruckendes Beispiel der normannischen Baukunst.

Dennoch sollte die Bedeutung der Normannischen Eroberung nicht überschätzt werden. Bereits während der Herrschaft Eduards des Bekenners hat dieser viele normannische Einflüsse, Ideen und Persönlichkeiten nach England mitgebracht, schließlich hatte er seine Jugend selbst in der Normandie verbracht. Schon damals hatten auch viele normannische Große bereits Land in England erworben. Die neuere Forschung betont zudem aus einer sozialgeschichtlichen Perspektive die Kontinuitäten vor und nach 1066. Dennoch bleiben die Normannische Eroberung und die Schlacht von Hastings zentrale Momente der mittelalterlichen Geschichte, die den gesamten europäischen Kontinent für immer verändert haben.

Literatur zur Schlacht von Hastings und zur Normannischen Eroberung

Brown, R. Allen: Die Normannen. München/Zürich 1988.
Krieger, Karl-Friedrich: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. 4., aktualisierte Aufl., München 2009.
Vollrath, Hanna/Fryde, Natalie (Hg.): Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III., München 2004.

Noch mehr Interessantes aus dem Mittelalter:

1 Kommentare

  1. Gerade die Geschichte von Großbritannien ist voll von Schlachten. Und die Normannen waren nicht gerade unbeteiligt an diesen. Ein Volk das seine Agressivität wohl vererbt hat

    AntwortenLöschen