Die „Böse Fasnacht“ in Basel (1376)

Bevor am Aschermittwoch die Fastenzeit losging, ließen es die Menschen im Mittelalter nochmal richtig krachen. Egal ob Fasching...

Bevor am Aschermittwoch die Fastenzeit losging, ließen es die Menschen im Mittelalter nochmal richtig krachen. Egal ob Fasching oder Fasnacht, an den wilden Tagen vor Aschermittwoch regierten die Narren in den mittelalterlichen Städten.

Dabei ging es sehr bunt und grell zu. Denn in der Fastnachtszeit stand die Welt Kopf: In den Kirchen wurden Eselsmessen gehalten und auf den Straßen der hohe Klerus verspottet. Die sonst strengen Regeln, die Kirche und Obrigkeiten vorgaben, galten an diesen Tagen nicht.

Fasnacht war die Zeit im Jahr, an der auch gesellschaftliche Missstände offen kritisiert wurden und die Mächtigen ihr Fett wegbekamen. Immer wieder kam es an Fasching auch zu Tumulten und gewaltsamen Auseinandersetzungen – so zum Beispiel in Basel im Jahr 1376. Dies ist die Geschichte der „Bösen Fasnacht“ in Basel.

Turnierszene aus einer italienischen Handschrift aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. So ähnlich darf man sich das Turnier an Fasnacht 1376 in Basel wohl ebenfalls vorstellen. (Abbildung: British Library, Additional 12228, Guiron le Courtois, 1352-1362, ff. 214v-215.)

Basel: Zankapfel zwischen Bischof und Habsburger

Die Böse Fasnacht ist Teil einer langjährigen Auseinandersetzung um die Frage, wer in Basel das Sagen hat – der Bischof oder die habsburgischen Herzöge.

Im 13. Jahrhundert war nämlich der Bischof der Stadtherr von Basel. Dank kaiserlicher Privilegien bestimmte er über die Steuern, die Zölle, die Gerichte und die Münzprägung in Basel. Adelige Dienstleute waren bei der Verwaltung der Stadt beschäftigt und etablierten sich zunehmend als gebildete Oberschicht.

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts erweiterten die Basler Bischöfe ihren Einflussbereich und versuchten auch im Breisgau und im Schwarzwald Einfluss zu gewinnen. Das führte zum Konflikt mit den Hause Habsburg und dem Habsburger König Rudolf.

Das Basler Münster am Rheinufer (Abbildung: Wikimedia Commons, Taxiarchos228

Der Konflikt zwischen Habsburgern und den Basler Bischöfen drehte sich bald vor allem um den Besitz der Stadt Basel. Denn die reiche Stadt erschien den Habsburgern als idealer Ort für eine Residenz.

Es sind turbulente Zeiten: Habsburgertreue Bischöfe wurden eingesetzt und abgesetzt, wichtige Ämter wurden mit Parteigängern der Habsburger besetzt und immer wieder sind die Habsburger Herzöge zu Gast in Basel.

Das Wappen Herzog Leopolds III. von Österreich (Abbildung: Staatsarchiv Aargau, V/4-1985-0001, Wappenbuch des Hans Ulrich Fisch von 1627, 45r.)

Die steigende Bedeutung der Basler Bürger

Die Entmachtung des Basler Bischofs gelingt den Habsburgern jedoch nicht so einfach. Denn das Bischofsamt wird von den reichen Bürgern Basels geschützt. Trotzdem spaltet der Streit um Basel die Stadt natürlich: Man war entweder ein „Sterner“, ein Anhänger der Habsburger, oder ein „Psitticher“, ein Anhänger des Bischofs.

Im 14. Jahrhundert erlangte eine dritte Partei zunehmend Einfluss: Basler Adelige, Handwerker und Bürger fordern die Reichsunmittelbarkeit der Stadt – weder Bischof noch Herzog sollten mehr etwas in Basel zu sagen haben. Zu dieser Zeit verloren die Habsburger ein wenig Interesse an Basel. Wien wird jetzt zum habsburgischen Herrschaftszentrum.

Trotzdem erwerben die Habsburger im Januar 1376 die Blutsgerichtsbarkeit über Basel. Den Basler Bürger hatte ihrerseits erst 1372/73 der Bischof das Markt- und Zollrecht verpfändet. Der Streit um die Vorherrschaft in Basel drohte somit bald zu eskalieren.

So wurde Herzog Leopold III. in einer Schweizerischen Handschrift vom Ende des 16. Jahrhunderts dargestellt. (Abbildung: Aargauer Kantonsbibliothek, MsWettF 16:1, Chronicon Helvetiae, Teil 1, 1576, S. 401.)


Fastnacht in Basel: Das Turnier am 26. Februar 1376

In dieser angespannten Stimmung veranstaltete der habsburgische Herzog Leopold III. am 26. Februar 1376, am Dienstag vor Aschermittwoch, ein Turnier beim Basler Münster. Leopold nutzte diese traditionelle Veranstaltung in der Fasnachtszeit, um seine Macht in Basel zu demonstrieren.

Wir wissen nicht, was genau vorfiel – ob das Publikum gezielt provoziert wurde, ob sich spontaner Volkszorn entlud oder ob es eine geplante Aktion war: Jedenfalls kam es während des Turniers zu Tumulten. Die Bürger bewaffneten sich und versammelte sich in ihren Zünften.

Dann stürmten die Zünfte gemeinsam zum Münsterplatz und attackierten die Habsburger Ritter. Dabei prügelten sie sogar einige Adelige und Knechte tot, das Gefolge Herzog Leopolds floh.

Herzog Leopold III. selbst kam glimpflicher davon: Er floh über den Rhein nach Kleinbasel. Andere Habsburger Ritter flohen in den Eptingerhof an der Rittergasse. Doch das Gebäude wurde von Aufrührern gestürmt und auch hier wurden drei Männer aus dem Gefolge Leopolds erschlagen.

Einige Grafen und Dienstleute der Habsburger waren kurzzeitig sogar in Gefangenschaft der Aufständischen, doch kamen bald wieder frei. Der Basler Oberzunftmeister Peter von Laufen kann schließlich die aufgebrachte Menge besänftigen.

Georg Kreis und Beat von Wartburg vermuten, dass „Anhänger des Bischofs und Befürworter einer städtischen Autonomie“ den Aufruhr angezettelt haben könnten. Schließlich war deren gemeinsamer Gegner das Haus Habsburg. Der Rat der Stadt Basel hielt dagegen ganz allgemein „fremdes Volk und böse Buben“ für die Verantwortlichen – und ließ zwölf vermutliche Anführer auf dem Kornmarkt hinrichten.

Der Eptingerhof war ein Schauplatz der Bösen Fasnacht in Basel - hier starben drei Anhänger Herzog Leopolds III. (Abbildung: Wikimedia Commons, Paebi)

Die Folgen der Bösen Fastnacht für Basel

Herzog Leopold III. reagiert hart auf die Demütigung, die er in Basel durch den Aufstand erleiden musste. Denn ein Angriff von Zünften und Bürger auf Adelige war absolut unerhört. Er ließ die Reichsacht über Basel verhängen, wodurch Basel alle seine Rechte vorerst verlor. Am 9. Juli 1376 kam es dann zu einem Abkommen zwischen der Stadt und dem Herzog, das für Basel sehr ungünstig ausfielt.

Denn die Basler mussten nun dem Herzog Dienstfolge leisten und zudem einen Schadenersatz von 8.000 Gulden zahlen. In der Stadt regierten nun für einige Zeit die Anhänger der Habsburger.

Auch innerhalb von Basel kommt es infolge der Bösen Fasnacht zu Veränderungen: Die Basler Zünfte, also die Vereinigungen der Handwerker, klagen nach mehr Mitspracherecht und deshalb erhalten die 15 Zunftmeister ab 1382 jeder einen Sitz im Rat der Stadt Basel.

Die Zünfte blieben unbequem: 1402 starteten sie eine Bewegung gegen die hohen Steuern, die vom Rat gewaltsam niedergeschlagen wurde.

Stadtansicht von Basel in der Schedelschen Weltchronik. Der Münsterberg mit der Baustelle des Münsters ist in der linken Bildhälfte gut zu erkennen. (Abbildung: Wikimedia Commons)

Ausblick: Der Weg Basels in die Unabhängigkeit

Für die Bemühungen der Basler um Reichsunmittelbarkeit bedeuteten die Ereignisse der Bösen Fasnacht einen schweren Rückschlag. Die Habsburger aber sind gewarnt und setzten auf Zeichen der Versöhnung. So entspannt sich das Verhältnis zum Bischof und der Stadt in den nächsten Jahren.

Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg aus der Habsburger Vorherrschaft war der Beitritt zum Schwäbischen Städtebund im Jahr 1384. Außerdem kam den Baslern die schlimme Finanzlage der Bischöfe zugute: Die Bürger erwarben nacheinander das Zoll- und Marktrecht (1372), das Schultheissenamt (1385) und die Vogtei (1386).

In kleinen Schritten sicherte sich so Basel auf dem Weg ins 15. Jahrhundert seine Unabhängigkeit. 1488 bestätigt dann Kaiser Friedrich III. der Stadt die Reichsunmittelbarkeit. Das ermöglichte den Baslern nun unter anderem eine eigenständige Bündnispolitik.

Der Bischof und die Habsburger waren jetzt nur noch Nachbarn, in der Stadt hatten die Bürger das Sagen.


Literatur zur Bösen Fasnacht in Basel

Teuteberg, René: Basler Geschichte. Basel 1986.
Kreis, Georg/Wartburg, Beat von (Hg.): Basel. Geschichte einer städtischen Gesellschaft, Basel 2000.

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2 Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel, vielen Dank! Ich hätte nur eine Anmerkung. Du schreibst weiter oben: "Basler Adelige, Handwerker und Bürger fordern die Reichsunmittelbarkeit der Stadt – weder Bischof noch Kaiser sollten mehr etwas in Basel zu sagen haben."

    Kann es sein, dass Du "Kaiser" geschrieben, aber "Herzog" gemeint hast? Bei einer freien Reichsstadt hat der Kaiser sehr wohl was zu sagen, denn das ist doch gerade der Witz an der Reichsunmittelbarkeit: dem Ränkespiel der Großen weitgehend (natürlich niemals ganz) entzogen zu sein und allein dem Kaiser zu unterstehen.

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    1. Da hast du natürlich Recht - ich hab die Stelle geändert. Danke dir für den guten Hinweis und weiterhin viel Spaß mit meinem Blog! Viele Grüße, Max

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