Besucher aus dem Orient: Die Heiligen Drei Könige

Die Heiligen Drei Könige zählen zu den bekanntesten Figuren aus dem Neuen Testament. Dabei werden sie in der Bibel lediglich im ...

Die Heiligen Drei Könige zählen zu den bekanntesten Figuren aus dem Neuen Testament. Dabei werden sie in der Bibel lediglich im Matthäus-Evangelium in einigen wenigen Sätzen erwähnt.

Über die Jahrhunderte bildeten sich - basierend auf den spärlichen Informationen aus der Bibelgeschichte - immer mehr Legenden und Mythen rund um die drei Besucher aus dem Osten. Im Mittelalter entstand sogar ein Prequel zur beliebten Erzählung aus der Bibel. Und dank der Reliquien der Heiligen Drei Könige entstand in Köln ein veritables Pilgerkult.

Die Heiligen Drei Könige werden im Schlaf von einem Engel vor Herodes gewarnt. (Abbildung: British Library, Royal 1 D X, entstanden vor 1220, f. 2v.)

Die biblische Geschichte

Das Matthäus-Evangelium ist die biblische Grundlage für die Legende von den Heiligen Drei Königen. Dort heißt es in Matthäus 2,1-12 über die Weisen aus dem Orient:

„Als nun Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa, in den Tagen des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem, die sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Denn wir haben seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, um ihn anzubeten!

[…]

Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er ankam und über dem Ort stillstand, wo das Kind war. Als sie nun den Stern sahen, wurden sie sehr hocherfreut; und sie gingen in das Haus hinein und fanden das Kind samt Maria, seiner Mutter.

Da fielen sie nieder und beteten es an; und sie öffneten ihre Schatzkästchen und brachten ihm Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Und da sie im Traum angewiesen wurden, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg zurück in ihr Land.“


Im Verlauf der Jahrhunderte wurde der knappe Bericht aus der Bibel immer weiter ausgebaut und mit weiteren Details geschmückt. Denn die einfache und mitreißende Geschichte war interessant und bot genug Anknüpfungspunkte, um weitere Elemente hinzuzudichten.

Die Heiligen Drei Könige folgten dem Stern Richtung Bethlehem. Ein Hirte gibt Tipps zur Reiseroute. (Abbildung: British Library, Add MS 42130, fol. 87v)

Legendenbildung rund um die Heiligen Drei Könige

Aus dem 6. Jahrhundert sind erstmals die Namen der drei Besucher aus dem Morgenland überliefert: Caspar, Melchior und Baltasar. Die Könige werden durch die Namen bereits deutlich greifbarer. Besonders anschaulich wurde die Erzählung von den drei Königen im 11. Jahrhundert in Stockpuppenspielen dargestellt. Wahrscheinlich ist der noch heute aus Puppenspielen bekannte Kasperle (von Casper!) das letzte Relikt dieser Schauspiele zur Geschichte der drei Weisen.

Auf Anregung von Bischof Florentius von Wevelinghoven (1330-1393) entstand 1364 die Historia Trium Regum des Johannes von Hildesheim. Das Datum ist kein Zufall: Die Geschichte entstand anlässlich des 200. Jahrestags der Überführung der Reliquien der Heiligen Drei Könige nach Köln.

Die Historia Trium Regum hatte große Einfluss auf Brauchtum und Ikonographie der Heiligen Drei Könige. Wie intensiv der Text gelesen wurde, zeigt sich in der großen Zahl an überlieferten Abschriften, die im Mittelalter in allen möglichen Sprachen entstanden - wie diese aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek. Johannes von Hildesheim fügte nicht nur Detail zur geographischen Herkunft und den historischen Abläufen der Ereignisse hinzu, er erfindet auch gleich noch eine Art Sequel zur Bibelgeschichte.

Denn laut Johannes kehrten die Heiligen Drei Könige in ihre Heimat zurück, wo sie später vom Apostel Thomas getauft wurden. Als Augenzeugen des Heilands wurden sie sogar zu Erzbischöfen gewählt und starben erst im (sprichwörtlich biblischen) Alter von über 100 Jahren.

Die Heiligen Drei Könige legen ihre Kronen ab und überreichen dem Jesuskind ihre Gaben. (Abbildung: British Library, Add MS 35254D-F, entstanden 1492-1503, f. E)

Damit rückt Johannes von Hildesheim die Heiligen Drei Könige in die Nähe des legendären Priesterkönigs Johannes, der angeblich im fernen Asien ein großes und mächtiges christliches Reich beherrschte und von dem man sich im Mittelalter Unterstützung im Kampf gegen Mongolen und Muslime erhoffte. Die Suche nach dem mythischen Priesterkönig verlief freilich erfolglos.

Auch die Geschichte von der Missionsarbeit des Apostel Thomas in Asien ist eine bekannte Erzähltradition. Auch die heutigen indischen christlichen Kirchen führen sich auf Thomas zurück, der von Jerusalem über den Irak und Afghanistan nach Nordindien gereist sein soll. In Chennai im Bundesstaat Tamil Nadu an der Ostküste des indischen Subkontinents soll Thomas dann den Märtyrertod erlitten haben. Daran erinnert heute noch eine Kirche auf dem St. Thomas Mount. Auch über dem Grab des Apostels errichteten die indischen Christen eine Kirche.

Die Santhome Basilica in Chennai. (Abbildung: Wikimedia Commons, PlaneMad)

Magier, Weise oder Könige?

Doch wer waren die drei Besucher aus dem Morgenland eingentlich? Im griechischen Wortlaut der Bibel werden sie als Μάγοι ἀπὸ ἀνατολῶν (Magoi apo anatolôn), also „Magier von Osten“ bezeichnet. Im Griechischen wurden mit „Magoi“ meist tatsächlich Magier bezeichnet, der Begriff konnte aber auch als Bezeichnung für die Mitglieder einer persischen Priesterkaste des Zoroastrismus verwendet. Diese Priester hatten besonders gute Kenntnisse in Astrologie. Das würde ja ganz gut zum Bericht von dem Stern passen, dem die Weisen folgten.

Zu Königen wurden die drei Weisen erst in der Spätantike durch intensive Auseinandersetzung mit den biblischen Texten. Die Gelehrten stolperten dabei über eine Textstelle aus dem Alten Testament. Dort heißt es im Buch der Psalmen 72,10:

„Die Könige von Tarsis und von den Inseln werden Gaben bringen, die Könige von Saba und Seba werden Tribut entrichten. Alle Könige werden sich vor ihm niederwerfen, alle Heidenvölker werden ihm dienen.“

Das passte natürlich gut zum Bericht des Matthäus. Auch in der Erzählung des Evangelisten bringen die Weisen schließlich Geschenke und fallen dem neugeborenen Christus zu Füßen. Bald gab es an der königlichen Identität der Morgenländer keinen Zweifel mehr. Auch mittelalterliche Gelehrte wie Isidor von Sevilla oder Caesarius von Arles gingen selbstverständlich davon aus, dass Könige dem Jesuskind Geschenke überreichten.

Die drei Besucher aus dem Morgenland. (Abbildung: British Library, Add MS 36684, entstanden 131-1325, f. 46v.)

Darauf aufbauend wurden die Biographien der drei Könige immer weiter ausgestaltet. Laut Beda Venerabilis (672-735) stammten die Könige aus den drei Erdteilen Europa, Asien und Afrika. Auch ein französisches Mysterienspiel aus dem 11. Jahrhundert nennt diese Herkunftsländer. In einem deutschen Mysterienspiel aus dem 14. Jahrhundert wird Melchior dagegen als König von Arabien vorgestellt, Balthasar als König von Saba und Caspar als König von Chaldäa.

Jemand, der diese Legendenbildung rund um Bibeltexte strikt ablehnte, war Martin Luther (1483-1546). Seiner Kernforderung „sola scriptura“ folgend, verlangte er, dass lediglich der Text der Bibel als Information für die Heilsgeschichte dienen dürfe. Im Protestantismus hat sich deshalb die Bezeichnung „Weise aus dem Morgenland“ durchgesetzt.

Auch wenn es hier nicht so aussieht: Das Jesuskind ist erst wenige Tage alt, als die Heiligen Drei Könige vorstellig werden und Geschenke überreichen. (Abbildung: British Library, Royal 1 D X, entstanden vor 1220, f. 2v.)


Wie viele Magier kamen aus dem Morgenland?

Nicht nur bei der genauen „Berufsbezeichnung“ für die Besucher aus dem Osten gibt es abweichende Meinungen. Auch über die Anzahl der Magier herrscht Uneinigkeit. Wahrscheinlich wird jeder Leser bei der Textpassage aus dem Matthäus-Evangelium oben sofort unbewusst drei Weise vor Augen gehabt haben. Dabei wird die Zahl der Weisen von Matthäus gar nicht genannt. Erst der frühchristliche Theologe Origenes (185 – 254) zählt erstmals drei Weise. Sein Indiz: Die Zahl der Geschenke. Doch es gibt auch Darstellungen mit vier Weisen oder zwei Weisen. In einer syrisch-aramäischen Legende ist sogar von 12 Magiern aus Persien die Rede!

Laut der Erbauungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts gab es noch einen vierten König, der zu spät in Bethlehem eingetroffen sei. Ziemlich spät sogar: Er kam gerade noch rechtzeitig, um der Kreuzigung Christi beizuwohnen. Erstmals tritt der „Vierte König“ in der Erzählung The Story of the Other Wise Man des amerikanischen Theologen Henry van Dyke aus dem Jahr 1892 auf. In Deutschland wurde die Legende vom vierten König durch Edzard Schapers gleichnamigen Roman von 1961 bekannt gemacht.

Wie sahen die Heiligen Drei Könige aus?

Traditionell wurden im Mittelalter die Heiligen Drei Könige mit persischer oder syrischer Kopfbedeckung dargestellt – so auch in diesem Mosaik aus dem 5. Jahrhundert in der Basilika Sant’Apollinare Nuovo in Ravenna:

Die Heiligen Drei Könige mit phrygischen Mützen als Jüngling, Erwachsener und Greis. (Abbildung: Wikimedia Commons, Ruge)

Hier tragen die Heiligen Drei Könige jeweils eine phrygische Mütze, eine spitz zulaufende Haube, die nach vorne geneigt ist. Der Legende nach geht diese Mütze zurück auf den sagenhaften König Midas I. von Phrygien, der von Apollo mit Eselsohren bestraft wurde, die er unter dieser Kopfbedeckung zu verstecken versuchte. Auch der Kasperle im Puppenspiel trägt noch heute eine solche Mütze.

Eine weiteren Bildtradition folgend zeigt das Mosaik die Heiligen Drei Könige als Männer in den drei Lebensaltern: Melchior als bartlosen Jüngling, Balthasar mit einem dunklen Vollbart als Erwachsener und Caspar als Greis mit weißem Bart.

Die Heiligen Drei Könige als Jüngling, Erwachsener und Greis. (Abbildung: British Library, Add MS 50005, entstanden 1420, f. 45v.)

Erst ab dem 12. Jahrhundert wird einer der Könige mit dunkler Hautfarbe dargestellt. Das lag nahe, wenn jeder König einen Erdteil repräsentieren sollte.

Ein König wird als Repräsentant Afrikas mit dunkler Hautfarbe dargestellt. (Abbildung: Bibliothèque nationale de France, NAL 3201, Horae ad usum Redonensem, entstanden 1480/90)


Auf der Suche nach dem Stern

In jüngster Zeit geriet vor allem der Stern, dem die Heiligen Drei Könige folgten, in den Fokus des (naturwissenschaftlichen) Interesses. Die Such nach einem real existierenden Himmelsereignis hat zu allerhand Theorien geführt.


Folgten die Magier dem Halley’schen Kometen, der um 12 v. Chr. am Himmel zu sehen war? Oder einer besonderen Konstellation von Venus und Jupiter im Jahr 3 v. Chr.? War es gar eine Supernova, also die Explosion eines entfernten Sterns, die auf der Erde am Nachthimmel zu sehen war?

Die Suche nach dem Stern von Bethlehem treibt die Naturwissenschaftler um. 

Johannes von Kepler (1571-1630) berechnete im Jahr 1603, dass es im Jahr 7 v. Chr. zu einer besonderen Konstellation aus den Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische kam. Für Kepler war diese Formation, die wie ein Lichtkegel mit den beiden Planeten an der Spitze aussah, der „Stern“, dem die Heiligen Drei Königen gefolgt sein mussten.

Was diese naturwissenschaftliche Spurensuche natürlich übersieht: Der Stern hatte vor allem symbolische Bedeutung, unabhängig davon, ob er damals über Bethlehem tatsächlich zu sehen war oder nicht. Für Ambrosius von Mailand (333-397) ist der Stern ein Hinweis auf Jesus als „Licht der Welt“ (Johannes 8,12) und damit auf das ewige Leben.

Der Stern zeigt den Weg. (Abbildung: British Library, Yates Thompson 2, entstanden Ende 12. Jh., f. 62v.)

Die Gaben der Heiligen Drei Könige

Die drei Gaben, die dem Christuskind dargebracht wurden, nennt Matthäus als praktisch einzige Details in seinem Bericht. Gold galt auch in der Antike als angemessenes Geschenk für einen König. Die Heilpflanze Myrrhe kann entweder ein Zeichen für Christus als von Gott gesandter Heiler sein oder aber ein Zeichen für den Tod – schließlich wird der Leichnam von Jesus Christus mit Myrrhe einbalsamiert. Weihrauch hat eine religiöse Dimension, denn der Weihrauchduft symbolisiert die Entfaltung Gottes und findet noch heute Verwendung im Gottesdienst.

Auch um die Gaben rankten sich bald Erzählungen und Legenden. So soll das Gold von den beiden Dieben gestohlen worden sein, die später neben Jesus gekreuzigt wurden. Eine andere Legende besagt, dass das Gold später Judas anvertraute, der es (selbstverständlich) missbrauchte. Vielleicht verwendeten aber auch Maria und Joseph das Gold, um ihre Flucht nach Ägypten zu finanzieren, wie eine andere mittelalterliche Erzählung berichtet.

Die Heiligen Drei Könige überreichen ihre Gaben. (Abbildung: Meister der Pollinger Tafeln, Marienaltar: Anbetung der Heiligen Drei König, entstanden 1444, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München)

Die Reliquien der Heiligen Drei Könige

Die sterblichen Überreste der Heiligen Drei Könige machten im Mittelalter noch einiges mit. Kaiserin Helena (248-330), die Mutter von Kaiser Konstantin (270-337), unternahm 326 eine Pilgerreise ins Heilige Land und brachte von dort ganze Wagenladungen an Reliquien mit – darunter auch die Gebeine der Heiligen Drei Könige.

Von Bischof Eustorgius von Mailand (gest. um 350) wurden die Reliquien dann nach Mailand gebracht, so berichtet es zumindest eine Legende aus dem 12. Jahrhundert. Als Kaiser Friedrich Barbarossa (1122-1190) im Jahr 1162 die Stadt belagern, brachten die Mailänder die kostbaren Reliquien aus der Basilika des hl. Eustorgius hinter den Stadtmauern in Sicherheit.

Doch als Mailand sich schließlich kurz darauf ergeben musste, half das sichere Versteck nichts mehr: Erzbischof Rainald von Dassel (1114-1167) nutzte die Gelegenheit und brachte die Reliquien an sich. Am 23. Juli 1164 traf er mit seiner Beute in Köln ein.

Die Gaben der Heiligen Drei Könige werden gerne entgegengenommen. (Abbildung: British Library, Rocal 2 B VII, entstanden 1310/20, f. 112v.)

Doch die Geschichte hat einen faden Beigeschmack: Denn es ist unklar, ob die Mailänder die Gebeine, die sie in der Basilika aufbewahrt hatten auch tatsächlich für die Reliquien der Heiligen Drei Könige hielten. Aus den Jahrzehnten und Jahrhunderten vor 1158 gibt es jedenfalls keine Indizien für einen Kult um die Reliquien der drei Weisen in Mailand.

Wie dem auch sei: Die Reliquien zogen in Köln schon bald Pilgerscharen an in denen der Erzbischof von Köln und die ganze Stadt sich sonnen konnte. Der Besitz der Reliquien von Menschen, die in ihrem Leben tatsächlich dem Gottessohn begegnet waren, unterstrich die Bedeutung des Kölner Erzbischofs und stärkte so seine Stellung unter den Großen des Reichs.

Im Dreikönigsschrein haben die Gebeine der Heiligen Drei Könige ihre letzte Ruhe in Köln gefunden. Falls es sich denn tatsächlich bei den aus Mailand hergeholten Knochen um die Heiligen Drei Könige handelt ... (Abbildung: Wikimedia Commons, CherryX)

Heute lagern die Gebeine im Dreikönigsschrein, einem der wertvollsten Reliquiare des Mittelalters, der um 1200 von dem Goldschmied Nikolaus von Verdun hergestellt wurde. Auch wenn Marco Polo in seinem Reisebericht behauptete, in der Stadt Saba im heutigen Iran in den 1270ern die Gräber der Heiligen Drei Könige gesehen zu haben.

Literatur zu den Heiligen Drei Königen

Hofmann, Hans: Die Heiligen Drei Könige. Zur Heiligenverehrung im kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Leben des Mittelalters, Bonn 1975 (=Rheinisches Archiv, Nr. 94).
Becker-Huberti, Manfred: Heilige Drei Könige: Geschichte, Symbolik, Brauchtum, Lexikon, Lieder, Rezepte, Galerie, Literatur, Kirchen.
Bibliotheca Jacobina: Die Pilgerfahrt zu den Heiligen Drei Königen nach Köln.
Becker-Huberti, Manfred: Die Heiligen Drei Könige. Geschichten, Legenden und Bräuche, Köln 2005.
Görich, Knut: Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011.

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