Ludwig der Bayer und Friedrich der Schöne teilen sich ein Bett

Ludwig der Bayer und Friedrich der Schöne sind seit 1314 einander verhasste Rivalen. Sie streiten darüber, wer von ihnen der ...

Ludwig der Bayer und Friedrich der Schöne sind seit 1314 einander verhasste Rivalen. Sie streiten darüber, wer von ihnen der rechtmäßige König ist. Was war passiert?

Die Kurfürsten, die traditionellen Königswähler, konnten sich nach dem Tod Kaiser Heinrichs VII. lange Zeit nicht auf einen neuen König einigen. Am Ende gibt es zwei Wahlversammlungen und zwei rivalisierende Könige: Ludwig und Friedrich. Schließlich kommt es zur militärischen Konfrontation: Im Jahr 1322 schlägt Ludwig der Bayer seinen Konkurrenten Friedrich in der Schlacht von Mühldorf. Friedrich wird gefangengenommen und auf der Burg Trausnitz inhaftiert.


Ludwig der Bayer: Hatte er eine heimliche Liebesbeziehung mit Friedrich dem Schönen - seinem größten Feind?!
(Abbildung: Wikimedia Commons)

Ludwig der Bayer und sein taktischer Kurswechsel

Doch Friedrichs Brüder leisten weiterhin Widerstand gegen Ludwig. Also entscheidet sich Ludwig zu einem Kurswechsel: Statt auf Konfrontation setzt er auf Versöhnung und Ausgleich. Er lässt Friedrich den Schönen nach drei Jahren Haft frei. Aus den beiden früheren Konkurrenten werden Partner.

Ludwig und Friedrich - ein Liebespaar?

Wie innig diese Partnerschaft war, das kann man im Geschichtswerk des Zisterzienserabtes Peter von Zittau nachlesen:

„Diese zwei Fürsten, die sich Könige nennen, essen und trinken zusammen und schlafen bis heute beieinander und sind durch friedenstiftende Worte vereint.“

Diese Textstelle macht stutzig. Berichtet Peter hier von einer sehr innigen Freundschaft zwischen zwei alten Feinden? Schon das wäre ziemlich außergewöhnlich. Oder handelt es sich gar um einen Hinweis auf eine intime Liebesbeziehung zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen – wieso sonst sollten sie sich schließlich ein gemeinsames Bett teilen?

Eine intime Liebe zwischen alten Feinden?

Peter von Zittau ist nicht der einzige mittelalterliche Geschichtsschreiber, der von einer solch intimen Nähe zwischen Ludwig und Friedrich berichtet. Bei Johannes von Viktring heißt es:

„Am festgesetzten Tag kamen dann Friedrich und Ludwig in Salzburg zusammen, und hier wurde auch, während sie auf ein und demselben Lager ruhten, zwischen ihnen von dem Königtum gesprochen“

Das Treffen, von dem Johannes von Viktring hier berichtet, findet 1313 statt, also noch vor der Doppelwahl von 1314. Damit erhält die Beziehung zwischen Ludwig und Friedrich scheinbar eine ganz neue Dimension: Waren Ludwig und Friedrich schon 1313 ein Liebespaar, das dann durch die Wirren der Politik auseinandergerissen wurde, nur um über zehn Jahre später wieder glücklich vereint zusammenzuleben?

Ludwig und Friedrich: Kein homosexuelles "Romeo und Julia" im Mittelalter

So romantisch diese Liebesgeschichte zwischen zwei Herrschern des 14. Jahrhunderts auch klingen mag – sie entspricht leider nicht der Realität. Die Quellenstellen sind keine Hinweise auf eine homosexuelle Liebesbeziehung, sondern geben Einblicke in die Mechanismen der Politik im Spätmittelalter.

Ludwig der Bayer und Friedrich der Schöne treffen sich 1313 in Salzburg zu Friedensverhandlungen. Es geht um einen Erbstreit zwischen den Wittelsbachern und den Habsburgern, der sogar schon zu militärischen Konflikten geführt hat. Die „Chronica Ludovici“ beschreibt den Ablauf des Friedensschlusses:

„Als nun […] die erlauchten Herzöge Ludwig und Friedrich einander von Angesicht zu Angesicht erblickten, umarmten und küssten sie sich so stürmisch, fassten größte Zuneigung zueinander und gaben derselben, indem sie sich beide als Enkel des ruhmreichen König Rudolf bekannten, öffentlichen Ausdruck. Da gab es nun große Freude und Ruhm auf beiden Seiten, und es kam zwischen ihnen Frieden und Eintracht. Ein prächtiges Festgelage, von den Klängen fröhlicher Musik und lautem Juchzen belebt, vereinte die Versöhnten […] Zugleich schwor man sich zu, dass keiner unter ihnen den anderen durch Wort oder Tat verletze, sie sich vielmehr allzeit gegen jedermann verteidigen wollten.“ 

Die strengen Regeln der inszenierten Politik im Mittelalter

Das Entscheidende: Das Aufeinandertreffen von Ludwig und Friedrich ist eine streng geplante Inszenierung, die aus verschiedenen symbolischen Handlungen besteht, die alle dazu dienen, bestimmte Botschaften und Signale zu senden. Historiker sprechen deshalb auch von „inszenierter Politik.“ Der Bericht der „Chronica Ludovici“ nennt drei Etappen der Inszenierung:

  • Die Umarmungen und Küsse demonstrieren die Freundschaft zwischen Ludwig und Friedrich
  • Das Festgelage mit Musik, Gesang und Heiterkeit bekräftigt Frieden und Eintracht
  • Die Leistung eines Eides verpflichtet auf zukünftige Hilfe und Unterstützung 

Die „Chronica Ludovici“ präsentiert also Ludwig und Friedrich als innige Freunde. Allerdings geht es dabei nicht um persönliche Gefühle. Die Inszenierung einer Freundschaft zwischen den beiden dient vielmehr dazu, den gerade frisch geschlossenen Frieden zu sichern. Wenn Johannes von Viktring davon berichtet, Ludwig und Friedrich haben sich in Salzburg ein gemeinsames Bett geteilt, dann dient auch diese Nachricht als Signal des Friedens und des großen Vertrauens. Gleiches gilt für den Bericht des Peter von Zittau für das Jahr 1325. Auch hier dient das gemeinsame Lager dazu, die wiedergefundene Eintracht zwischen Ludwig dem Bayer und Friedrich dem Schönen zu symbolisieren.

Die Spielregeln der Politik im Mittelalter

Natürlich wissen wir nicht mit absoluter Sicherheit, ob die mittelalterlichen Autoren den Ablauf der Friedensgespräche von 1313 und der Versöhnung von 1325 wirklich korrekt wiedergegeben haben. Doch die zeitgenössischen Leser wussten sicherlich sehr gut darüber Bescheid, mit welchen Formen und Handlungsmustern die „inszenierte Politik“ bei solchen Gelegenheiten arbeitete. Ganz abwegig dürften also die Nachrichten über gemeinsames Mahl und Lager nicht sein. Trotzdem handelte es sich dabei aber natürlich um politische Inszenierungen – und nicht um intime Liebesgesten.

Quellenstellen

Johannes von Viktring: Das Buch gewisser Geschichten von Abt Johann von Victring, übers. von Walter Friedensburg, Leipzig 1888, S. 226f (=Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 86).
Peter von Zittau: Chronicon Aulea Regiea, ed. J. Loserth, in: Font. Rer. Austr. 1. Abt., 8 (1875), S. 29-535, hier S. 433. (eigene Übersetzung)
Chronica Ludovici: Das Leben Kaiser Ludwigs, in: Quellen zur Geschichte Kaiser Ludwigs des Baiern, übers. Von Walter Friedensburg, Leipzig 1883, S. 107f (=Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 81).

Literatur

Garnier, Claudia: Symbolische Kommunikation während der Herrschaft Ludwigs des Bayern am Beispiel von Bündnis- und Friedensschlüssen, in: Seibert, Hubertus (Hg.): Ludwig der Bayer (1314–1347). Reich und Herrschaft im Wandel, Regensburg 2014, S. 169-190. 
Neuhold, Helmut: Das andere Habsburg. Homoerotik im österreichischen Kaiserhaus, Marburg 2008. 

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