Kulturgeschichte
Kurioses
Gottesurteile im Mittelalter: Glühendes Eisen & Zweikämpfe
Juli 19, 2017
Mittelalterliche Richter waren nicht zu beneiden: In einer Zeit ohne Spurensicherung, ohne forensische Untersuchungen und ohne DNA-Analysen waren Zeugenaussagen häufig die einzige Möglichkeit, um die Tat zu rekonstruieren und den Täter zu verurteilen. Leider nahmen die Menschen es auch im Mittelalter nicht immer ganz ernst mit der Wahrheit - selbst vor Gericht. Was also tun, um die Wahrheit zu erfahren?
Im Mittelalter konnten die Richter die Wahrheitsfindung praktischerweise an die höchste Instanz abgeben: An Gott selbst! Durch sogenannte Gottesurteile sollte sich zeigen, wer im Recht war und die Wahrheit sprach und wer unrecht hatte und log. Gott entschied so, was der Mensch nicht wissen konnte.
Es gab im Mittelalter viele verschiedene Formen solcher Gottesurteile. Meist ging es dabei ziemlich blutig und brutal zu: Zum Einsatz kamen unter anderem glühende Eisenstäbe, kochendes Wasser und Schwerter. Ich stelle euch heute sechs bekannte Formen von Gottesurteilen vor. Besonderer Zusatz-Service: Tipps und Tricks, wie ihr ein Gottesurteil möglichst unbeschadet übersteht - man weiß ja nie!
Gerichtskampf zu Fuß, Abbildung aus der Mitte des 16. Jahrhunderts aus Augsburg. (Abbildung: Bayerische Staatsbibliothek, Cod. icon 393, fol. 162v und 163r; via Wikimedia Commons) |
1. Der gerichtliche Zweikampf
Der gerichtliche Zweikampf war die beliebteste Möglichkeit der Wahrheitsfindung. Wer im direkten Duell siegte, hatte die Wahrheit und das Recht auf seiner Seite. Aus heutiger Sicht mag man natürlich die Vermutung hegen, dass bei einem solchen Kampf einfach der stärkere und bessere Kämpfer gewinnt. Doch im Mittelalter war man überzeugt, dass Gott auf der Seite der Wahrheit eingreift.
Die Zweikämpfer waren meist Männer. Entweder Kläger und Beschuldigter selbst oder aber professionelle Kämpfer, die gegen Bezahlung in Gerichtskämpfen als Stellvertreter antraten. Wer es sich leisten konnte, hatte also bei einem gerichtlichen Zweikampf gute Chancen, als Sieger des Rechtsstreits hervorzugehen.
Immer wieder lesen wir in den Quellen von Versuchen, ein faires und ausgewogenes Duell zu garantieren. Im frühmittelalterlichen Volksrecht der Baiern war zum Beispiel festgelegt, dass die Kämpfer ausgelost werden mussten. Für den seltenen Fall, dass eine Frau gegen einen Mann antrat, war vorgesehen, dass der Mann bis zur Hüfte eingegraben wurde - so sollte Chancengleichheit hergestellt werden!
Der Ablauf solcher Zweikämpfe war stehts ähnlich: Die Kämpfer verbrachten die Nacht vor dem Duell in der Kirche und besuchten am Morgen eine Messe. Anschließend segnete ein Priester die Waffen. Unmittelbar vor dem Zweikampf schwörten beide Kontrahenten einen Eid auf Reliquien und dann konnte es auch schon losgehen.
Die Zweikämpfer waren meist Männer. Entweder Kläger und Beschuldigter selbst oder aber professionelle Kämpfer, die gegen Bezahlung in Gerichtskämpfen als Stellvertreter antraten. Wer es sich leisten konnte, hatte also bei einem gerichtlichen Zweikampf gute Chancen, als Sieger des Rechtsstreits hervorzugehen.
Immer wieder lesen wir in den Quellen von Versuchen, ein faires und ausgewogenes Duell zu garantieren. Im frühmittelalterlichen Volksrecht der Baiern war zum Beispiel festgelegt, dass die Kämpfer ausgelost werden mussten. Für den seltenen Fall, dass eine Frau gegen einen Mann antrat, war vorgesehen, dass der Mann bis zur Hüfte eingegraben wurde - so sollte Chancengleichheit hergestellt werden!
Fairplay beim Zweikampf: Kämpfte ein Mann gegen eine Frau, wurde er bis zur Hüfte eingegraben. (Abbildung: Bayerische Staatsbibliothek, BSB Cod.icon.394a, Hans Thalhofers Fechtbuch von 1467, fol. 122v.) |
Der Ablauf solcher Zweikämpfe war stehts ähnlich: Die Kämpfer verbrachten die Nacht vor dem Duell in der Kirche und besuchten am Morgen eine Messe. Anschließend segnete ein Priester die Waffen. Unmittelbar vor dem Zweikampf schwörten beide Kontrahenten einen Eid auf Reliquien und dann konnte es auch schon losgehen.
Wie überlebt man einen gerichtlichen Zweikampf?
Eines kann auf jeden Fall nicht schaden: Kämpfen zu können! Je nach Stand hat man mit anderen Waffen anzutreten: Adelig mit Schwert und Speer, Unfreie und Bürger dagegen mit Keulen. Der geübte Umgang mit diesen Waffen verschafft schon mal einen kleinen Vorteil.Eine andere Möglichkeit: Geistlicher werden! Denn Kleriker waren im Mittelalter nicht der weltlichen Gerichtsbarkeit unterworfen. Sie mussten deshalb weder an solchen Zweikämpfen teilnehmen noch eine der anderen schmerzhaften Formen des Gottesurteils über sich ergehen lassen. Dafür gab es für Kleriker andere Gottesurteile wie zum Beispiel die Hostienprobe - mehr dazu weiter unten!
Auch Reichtum schadet nie: Ein Lohnkämpfer konnte als Vertreter zum Zweikampf antreten. Wer mächtig genug ist, kann auch einen seiner Untertanen dazu zwingen, zu kämpfen. Ohnehin konnte man sich als Adeliger mitunter geschickt aus der Affäre ziehen: Als Herzog Otto von Northeim im Jahr 1070 beschuldigt wurde, ein Attentat auf den König geplant zu haben, entzog er sich dem geforderten Zweikampf, indem er sich weigerte, gegen den sozial tieferstehenden Herausforderer zu kämpfen.
2. Das Gottesurteil des glühenden Eisens
Die Probe des glühenden Eisens war eine weit verbreitete Form des Gottesurteils. Der Beschuldigte musste hierbei ein glühendes Eisen eine bestimmte Strecke weit tragen. Wenn er dabei unverletzt blieb, hatte er das Recht auf seiner Seite. Wem das glühende Eisen jedoch entzündete Wunden zufügte, der war als Täter überführt. In einem Rechtsbuch aus dem 13. Jahrhundert aus Polen ist der Ablauf festgehalten:
Alternativ zum glühenden Eisen wurden auch Pflugscharen verwendet, die man ebenfalls erhitzte, auf dem Boden auslegte und die der Beschuldigte dann barfuß überschreiten musste. Als überführt galt, wer sich dabei die Füße verbrannte oder es nicht wagte, auf die glühenden Pflugscharen zu treten. Dieses Gemälde von Dieric Bouts aus dem 15. Jahrhundert zeigt eine Witwe, die vor Kaiser Otto III. durch die Probe des glühenden Eisens beweist, dass ihr Mann unschuldig war:
„Man legt ein glühendes Eisen mit beiden Enden so auf einen Stein oder ein Eisen, dass der Mann darunter greift und das Eisen aufheben kann, das er drei Schritte tragen soll. Wirft er es eher nieder, ist er dessen überführt, wessen man ihn beschuldigt hat; dasselbe ist er auch, wenn er sich verbrennt. Die Hand soll man ihm [drei Tage lang] einbinden. Die Eisen soll man glühend machen, und es soll sie ein Priester mit seinem Segen segnen. Wenn der Priester an die Stelle kommt, wo man das Eisen glühend macht, so soll er die Stätte und die Eisen mit Weihwasser besprengen, um die Betrügereien der Teufel zu vertreiben. Früher pflegte man dabei eine Messe zu singen. Wenn das Gericht getan ist und dem Mann die Hände mit geweihtem Wachs verbunden sind, so ist es gut, dass der Mann zuallererst Weihwasser zu sich nehme und danach, bis das Gericht zu Ende ist, ist es gut, dass er zu allen seinen Speisen geweihtes Salz und geweihtes Wasser menge und zusammen zu sich nehme.“ (zit. nach Dinzelbacher, S. 33f.)
Alternativ zum glühenden Eisen wurden auch Pflugscharen verwendet, die man ebenfalls erhitzte, auf dem Boden auslegte und die der Beschuldigte dann barfuß überschreiten musste. Als überführt galt, wer sich dabei die Füße verbrannte oder es nicht wagte, auf die glühenden Pflugscharen zu treten. Dieses Gemälde von Dieric Bouts aus dem 15. Jahrhundert zeigt eine Witwe, die vor Kaiser Otto III. durch die Probe des glühenden Eisens beweist, dass ihr Mann unschuldig war:
Justice of Emperor Otto III: Beheading of the Innocent Count and Ordeal by Fire, Google Arts&Culture https://t.co/WxEERiPEse via @googlearts— curiositas (@curiositas_ma) 16. Juni 2017
Doch nicht nur Einzelpersonen wurden durch dieses Gottesurteil gerichtet: Die Marbacher Annalen berichten für das Jahr 1215 von 80 Herätikern, die durch die Probe des glühenden Eisens geprüft wurden. Viele von ihnen verbrannten sich die Hände und wurden so - nach der Logik der Gottesurteile - von Gott als Ketzer überführt. Sie wurden auf der Stelle auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Die wenigen Unschuldigen, die keine Verbrennungen erlitten, wurden freigesprochen.
Die Feuerprobe des Mönches Peter Bartholomäus
So manch einer unterzog sich sogar freiwillig einer Feuerprobe: Der Mönch Peter Bartholomäus war ein Teilnehmer des Ersten Kreuzzuges. Während der Belagerung Antiochias erschien ihm der Heilige Andreas im Traum und zeigte Peter den Ort, wo die Heilige Lanze vergraben sein sollte. Tatsächlich fand Peter in der Kirche des eroberten Antiochia eine Lanze. Doch es gibt im Kreuzfahrerheer viele, die nicht glauben, dass Peter die echte Heilige Lanze gefunden hatte.Um die Echtheit der Reliquie zu beweisen, stellte sich Peter einer Feuerprobe: Er durchschritt einen 14 Fuß langen Scheiterhaufen aus brennendem Olivenholz! Peter überlebte diese Feuerprobe - jedoch nicht sehr lange. Keine zwei Wochen nach der Feuerprobe war Peter tot.
Die mittelalterlichen Berichte über seinen Tod sind stark abhängig davon, ob der Autor Peter wohlgesonnen war oder nicht: Wohlgesonnene Geschichtsschreiber berichten, Peter habe die Feuerprobe unverletzt überstanden, so die Echtheit der Heiligen Lanze bewiesen und sei dann unglücklicherweise vom jubelnden Volk erdrückt worden. Nach den Berichten weniger wohlwollender Autoren zog sich Peter bei der Probe schwere Verletzungen zu, an denen er starb. Damit war auch die Reliquie als Fälschung enttarnt.
Die Feuerprobe wurde immer wieder zur Untersuchung der Echtheit von Reliquien eingesetzt. Im Jahr 987 soll zum Beispiel der Erzbischof Egbert von Trier die Reliquien des Heiligen Celsus auf ihre Echtheit hin überprüft haben:
„Im Angesicht des ganzen Klerus wickelte er einen Teil des Heiligenfingers in ein sehr dünnes Tuch und steckte es in die glühenden Kohlen eines Räucherfasses, worin Weihrauch verbrannt wurde. Und eine ganze Stunde lang, während er den gesamten mystischen Messkanon rezitierte, blieb die Reliquie unversehrt und vom Feuer unberührt.“ (zit. nach Dinzelbacher, S. 57)
Wie überlebt man eine Feuerprobe?
Auf den ersten Blick scheinen die Chancen eher gering, sich an dem glühenden Eisen keine schweren Verletzungen zuzuziehen. Doch Quellen aus dem 13. Jahrhundert aus Ungarn zeigen, dass es bei 306 Gottesurteilen mit dem glühenden Eisen zu 210 Freisprüchen kam. Eine sehr respektable Quote! Wie war das möglich?Wer - entgegen der Erwartungen seiner Mitmenschen - im Mittelalter eine Feuerprobe unverletzt überstand, der machte sich schnell verdächtig, mit Tricks, Salben oder sogar Magie nachgeholfen zu haben. Doch auch wer nicht zu solchen Mitteln greifen möchte, konnte davonkommen: Bei Verbrennungen dritten Grades entzündet sich die Haut meist erst nach einigen Tagen. Fand die Überprüfung der Wunden recht zeitnah statt, konnte versengte Haut der gesunden Haut noch sehr ähnlich aussehen.
3. Gottesurteile durch Wasserproben
Auch Wasser wurde im Rahmen von Gottesurteilen gerne genutzt. Denn man ging davon aus, dass Wasser als "reines" Element einen Schuldigen nicht aufnimmt. Um die Schuld einer Person zu testen, fesselte man sie deshalb, war sie in einen Teich oder Fluss und wartete ab, ob sie unterging oder an der Wasseroberfläche schwamm. Wer nicht unterging, war schuldig, wie auch Erzbischof Hinkmar von Reims schon im 9. Jahrhundert wusste:
„Es wird aber der zu Prüfende mit einem Strick gebunden und in das Wasser hinabgelassen. Aus zwei Gründen wird er anscheinend gefesselt, nämlich, dass er nicht beim Gericht irgend einen Betrug begehen kann, bzw., wenn ihn das Wasser als Unschuldigen aufgenommen hat, er rechtzeitig herausgezogen werden kann, damit er nicht im Wasser Gefahr läuft zu ertrinken. Der Leser wird sich nicht wundern, dass bei der Kaltwasserprobe die Unschuldigen vom Wasser aufgenommen werden, die Schuldigen aber nicht aufgenommen werden, wie auch im heißen Wasser die Verbrecher gekocht werden, die Anständigen aber ungekocht verbleiben“ (zit. nach Dinzelbacher, S. 36)
Wasser und Feuer ließen sich aber auch im Gottesurteil des Kesselfangs verbinden. Gregor von Tours beschrieb im 6. Jahrhundert den Ablauf einer solchen Probe:
„Durch Tatsachen sollte die Wahrheit der Angelegenheit bewiesen werden: Feuer soll unter einem Kessel angemacht und irgendjemandes Ring in das kochende Wasser geworfen werden. Das Volk läuft zu dem Spektakel zusammen, das Feuer wird entfacht, der Kessel darübergestellt, es siedet heftig, der Ring wird in die siedende Woge geworfen. Der Proband entblößt den Arm von der Kleidung und taucht die Rechte in den Kessel. Der hineingeworfene Ring aber war sehr leicht und klein und wurde nicht wenig von der Woge hin- und hergetrieben, als ein Strohhalm vom Wind umhergetragen werden kann. Inzwischen wurde das Feuer unter dem Gefäß heftig genährt, damit der Ring durch das starke Sieden nicht leicht von der Hand des Suchenden erfasst werden könne.“ (zit. nach Dinzelbacher, S. 35.)
Die Probe des Kesselfangs: Aus dem über einer Feuerstelle erhitzten Wasser muss ein Gegenstand gefischt werden. Wer sich dabei verbrüht, ist schuldig. (Abbildung: HAB Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2° Der Sachsenspiegel, © Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, fol. 19v.) |
Wie übersteht man eine Wasserprobe?
Der beste Tipp, um als unschuldiger aus einer Wasserprobe hervorzugehen, kommt von Kaiser Friedrich II. höchstpersönlich. In den Konstitutionen von Melfi, einem Gesetzeswerk des Kaisers, werden die Gottesurteile ganz allgemein kritisiert - und ein wichtiger Rat gegeben:„Wir halten dafür, dass deren Gesinnung nicht nur zu korrigieren, sondern eher auszutilgen ist, die darauf vertrauen, dass sich die natürliche Hitze des glühenden Eisens mindere oder, was noch dümmer ist, es erkalte, wenn es dafür keinen richtigen Grund gibt; oder die behaupten, dass ein eines Verbrechens Angeklagter nur wegen seines schlechten Gewissens vom Element des kalten Wassers nicht aufgenommen werde, wiewohl es ihm doch nur die entsprechend zurückgehaltene Luft nicht erlaubt unterzugehen.“ (zit. nach Dinzelbacher, S. 85)
Atmet man als Beschuldigter kurz vor dem eintauchen aus, sinkt man schneller und kann so seine Unschuld beweisen - clever! Männer haben außerdem einen kleinen Vorteil gegenüber Frauen: Dank des niedrigeren Fettanteils sinken Männer schneller als Frauen.
Wasserprobe zur Klärung des rechtmäßigen Anspruchs an einem Gut. Der Strick diente dazu, die Person bei erfolgreicher Wasserprobe vor dem Ertrinken zu retten. (Abbildung: Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 164 Eike von Repgow, Heidelberger Sachsenspiegel, Anfang 14. Jahrhundert, fol. 15v.) |
4. Das Schluckordal
Mit der Schluckprobe kommen wir zu einer weniger schmerzhaften Form des Gottesurteils. Der Beschuldigte (meist ein Kleriker oder angesehener Bürger) musste ein gesegnetes Käsebrot essen. Dazu sprach ein Priester die Formel "Dass du dieses Brot oder diesen Käse nicht essen kannst, es sei denn mit entzündetem Mund, mit Schaum und Stöhnen und Schmerz und Tränen!" Wer schuldig war, wurde von Gott also mit einer Lebensmittelvergiftung bestraft.
Alternativ kam auch die Abendmahlsprobe in Frage. Dabei musste der Beschuldigte eine geweihte Hostie verschlucken. Gelang ihm dies nicht oder zeigte er negative Reaktionen wie Krämpfe oder Würgen, galt er als schuldig. Als Bischof Sigebot von Speyer im Jahr 1049 des Ehebruchs beschuldigt wurde, unterzog er sich einer solchen Schluckprobe - und erwies sich als schuldig! Denn für den Rest seines Lebens konnte er seinen Kiefer nicht mehr richtig bewegen.
Wie übersteht man eine Schluckprobe?
Im Vergleich zu den bisherigen Gottesurteilen ist die Schluckprobe eine tatsächlich eher leicht zu ertragende Prüfung. Käse sollte man mögen.6. Die Bahrprobe
Die Bahrprobe kam zum Einsatz, wenn es galt, einen Mörder zu überführen. Denn man nahm an, dass eine Leiche wieder zu bluten beginnen würde, sobald sich der Mörder ihr nährte. Im Rechtsbuch Bischof Ruprechts von Freising aus dem Jahr 1332 lesen wir, dass der Verdächtige den Toten küssen und ihn drei Mal auf den Knien kriechend umrunden musste. Dabei war er nackt, um sich nicht mit einem Talisman oder einem anderen magischen Gegenstand zu schützen.
Auch in Bern soll im Jahr 1503 ein Mörder durch die Bahrprobe überführt worden sein: Der Landsknecht Hans Spieß stand damals im Verdacht, seine Frau ermordet zu haben. Doch die Folterknechte konnten ihn nicht dazu bringen, seine Tat zu gestehen. Also führte man Hans Spieß geschoren und nackt zum exhumierten Leichnam seiner Frau. Spieß musste die recht Hand auf den Leichnam legen und schwören, unschuldig zu sein. Doch der Leichnam seiner Frau fängt an zu bluten - Spieß gesteht den Mord sofort.
Oben: Hans Spieß wird nackt und geschoren am Leichnam seiner Frau vorbeigeführt Unten: Hinrichtung von Hans Spieß nachdem seine Schuld festgestellt wurde (Abbildung: Luzern, Korporation Luzern, S 23 fol., p. 439 – Eidgenössische Chronik des Luzerners Diebold Schilling (Luzerner Schilling)) |
Auch in Bern soll im Jahr 1503 ein Mörder durch die Bahrprobe überführt worden sein: Der Landsknecht Hans Spieß stand damals im Verdacht, seine Frau ermordet zu haben. Doch die Folterknechte konnten ihn nicht dazu bringen, seine Tat zu gestehen. Also führte man Hans Spieß geschoren und nackt zum exhumierten Leichnam seiner Frau. Spieß musste die recht Hand auf den Leichnam legen und schwören, unschuldig zu sein. Doch der Leichnam seiner Frau fängt an zu bluten - Spieß gesteht den Mord sofort.
Wie übersteht man eine Bahrprobe?
Nur mit Glück. Denn während der Verwesung kann ein Leichnam durch Gase aufgebläht werden. Oft tritt während der Verwesung auch Blut aus. Weil man auf den Verwesungsvorgang keinen Einfluss hat, musste man wohl einfach darauf hoffen, dass man im richtigen Moment an der Leiche vorbeigeführt wurde.Literatur zum mittelalterliche Gottesurteil
Jaser, Christian/Israel, Uwe: Einleitung. "Ritualisierte Zweikämpfe" und ihre Akteure, in: Das Mittelalter 19(2) (2014), S. 241-248.
Dinzelbacher, Peter: Das fremde Mittelalter. Gottesurteil und Tierprozess, Essen 2006.
2 Kommentare
Sehr unterhaltsamer Artikel! Darüber wusste ich bisher so gut wie gar nichts! Wobei ich mich jetzt aber schon wundere, was der liebe Sigebot von Speyer da verbrochen hat.
AntwortenLöschenGab es da irgendeine Grundregel, wann welcher Test angewandt wurde?
Großartiger Artikel! Vielen Dank
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